Sachverhalt:
Nach
zwischenzeitlich erfolgter Änderung der Verfahrensregeln, insbesondere im
Hinblick auf die Einbindung der Umweltbelange, war nach Rücksprache mit der
Bezirksregierung Köln eine erneute öffentliche Auslegung
nach § 3 Abs. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) notwendig. Auf eine erneute
Beteiligung der Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange nach § 4
Abs. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) konnte verzichtet werden.
A1 Verfahrensstand
Im
Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplanes Selfkant Nr. 42 – Tüddern,
Fachmarktzentrum III - soll auf den Grundstücken Gemarkung Tüddern, Flur 3, Nr.
15 (teilweise), Nr. 16 (teilweise), 17 (teilweise), 18 (teilweise), 19
(teilweise), 20, 22, 23, 759 (teilweise), und 769 (teilweise), die Darstellung
von „Gemischten Bauflächen“ in „Sondergebiet mit der Zweckbestimmung
Fachmarktzentrum“ geändert werden. Ziel ist die Ansiedlung von weiteren
Einzelhandelsnutzungen.
Auf
den Grundstücken Gemarkung Tüddern, Flur 3, Nr. 15 (teilweise) und Nr. 16
(teilweise), soll die Darstellung von „Fläche für die Landwirtschaft“ in
„Gemischte Baufläche“ geändert werden.
Des
Weiteren soll auf dem Grundstück Gemarkung Tüddern, Flur 3, Nr.11 (teilweise),
12, 15 (teilweise), 18 (teilweise), 19 (teilweise), 349 (teilweise) und 699
(teilweise), die Darstellung von „Gemischten Bauflächen“ in „
Straßenverkehrsfläche “ geändert werden.
Der
Einleitungsbeschluss zur Aufstellung des Bebauungsplanes Selfkant Nr. 42 –
Tüddern, Fachmarktzentrum III - wurde
gemäß § 2 Abs. 1, Satz 2 des Baugesetzbuches (BauGB) im Amtsblatt der
Gemeinde Selfkant Nr. 40/2014 vom 5. Oktober 2014 öffentlich bekannt
gemacht.
Durch
Bekanntmachung im Amtsblatt der Gemeinde
Selfkant Nr. 40/2014 vom 5. Oktober 2014 wurde die Öffentlichkeit gemäß § 3
Abs. 1 BauGB über die Aufstellung des Bebauungsplanes unterrichtet und ihr
Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung gegeben.
Die
Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange wurden mit Schreiben vom 18. Dezember 2014
gemäß § 4 Abs. 1 BauGB ebenfalls über die Aufstellung des Bebauungsplanes der
Gemeinde Selfkant unterrichtet und zur diesbezüglichen Äußerung aufgefordert.
Durch
Bekanntmachung im Amtsblatt der Gemeinde
Selfkant Nr. 11/2015 vom 15. März 2015 wurde der Öffentlichkeit die Gelegenheit
gegeben, gemäß § 3 Abs. 2 BauGB, den Planentwurf zum Bebauungsplan Selfkant Nr.
42 – Tüddern, Fachmarktzentrum III - mit Begründung und den wesentlichen,
vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen in der Zeit vom 23. März 2015 bis
einschließlich 23. April 2015 im Rathaus in Selfkant-Tüddern einzusehen und
Stellungnahmen während der Auslegungsfrist abzugeben.
Mit
Schreiben vom 13. Februar 2015 wurden, unter Fristsetzung bis zum 20. März
2015, von den Behörden und sonstigen
Trägern öffentlicher Belange zum Planentwurf des Bebauungsplanes Selfkant Nr.
42 – Tüddern, Fachmarktzentrum III - nebst Begründung Stellungnahmen gemäß § 4
Abs. 2 BauGB eingeholt. Mit gleichem Schreiben wurden die Behörden und
sonstigen Träger öffentlicher Belange darauf hingewiesen, dass der Planentwurf
zum Bebauungsplan Selfkant Nr. 42 – Tüddern, Fachmarktzentrum III - in der Zeit
vom 21. November 2014 bis einschließlich 22. Dezember 2014 im Rathaus in Tüddern
öffentlich ausgelegen hat.
B Beratung,
Abwägung und Beschlussfassung über während der Beteiligung der Öffentlichkeit
(B.1) und der Behörden (B.2) vorgebrachten Anregungen und Bedenken
B.1 keine
B.2.1 Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
Die
Beteiligte weist mit Schreiben vom 19. März 2015 auf folgendes hin:
„…
Aus den von Ihnen nunmehr
bereitgestellten Unterlagen ergeben sich für die agrarstrukturellen Belange
neue Aspekte durch die Festlegung und Umsetzung des Kompensationsbedarfs. Mit dem
Landschaftspflegerischen Begleitplan wird ein externer Kompensationsbedarf
i.H.v. 50.000 Ökopunkten ermittelt und bezüglich der Umsetzung auf Regelungen
mit der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Heinsberg verwiesen.
Somit weisen wir vorsorglich darauf
hin, dass bei der Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Flächen für
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu
nehmen ist. Es ist möglichst zu vermeiden, für die Kompensation Flächen aus der
Nutzung zu nehmen (§ 15 Abs. 3 BNatSchG). Selbst kleinflächige Inanspruchnahme
landwirtschaftlicher Flächen zur Kompensation, insbesondere im Falle von
Aufforstungen, können bereits agrarstrukturelle Nachteile mit sich bringen.
Daher weisen wir besonders auf die Angebote der Stiftung Rheinische
Kulturlandschaft hin, die Möglichkeiten der produktionsintegrierten
Kompensation bietet.“
Beschlussvorschlag:
Die
Gemeindevertretung beschließt, den
Hinweis zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend in die Begründung aufzunehmen.
B.2.2 Kreis Heinsberg – Gesundheitsamt
Die
Beteiligte weist mit Schreiben vom 17. März 2015 auf folgendes hin:
„Aus
amtsärztlicher Sicht bestehen Bedenken gegen den o.a. Bebauungsplan.
Da eine nächtliche Lärmbelästigung
ab 30 dB gesundheitliche Auswirkungen bedingen kann, sollte aus Gründen des
vorbeugenden Gesundheitsschutzes die nächtliche Lärmbelästigung für die
Anwohner auf 30 dB begrenzt werden.
Ferner sollten Parkplätze so
geplant werden, dass die Lärmimmissionen, z.B. durch Türenschlagen, die
vorgegebenen Richt- und Grenzwerte nicht überschreiten. Der Lieferverkehr
sollte auf die Tageszeiten von 6 bis 22 Uhr beschränkt werden oder bei der
Berechnung der nächtlichen Lärmbelästigung berücksichtigt werden.
Sofern die weiteren im
Umweltbericht aufgeführten Maßnahmen bei der weiteren Planung Berücksichtigung
finden, bestehen aus amtsärztlicher Sicht keine weiteren Bedenken.“
Beschlussvorschlag:
Die
Gemeindevertretung beschließt, den
Hinweis zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend in die Begründung aufzunehmen.
B.2.3 Landesbetrieb Straßenbau
Nordrhein-Westfalen
Die
Beteiligte weist mit Schreiben vom 3. Februar 2015 auf folgendes hin:
„Das o.a. Plangebiet wird im
Süden, im Bereich der heutigen Einmündung Wirtschaftsweg (Millener Weg) in die
Landesstraße 228 (Sittarder Straße), von der L 228 innerhalb der Ortsdurchfahrt
Tüddern begrenzt. Abschnitt 1, Station 0,360.
Baulastträger der Landesstraße ist
das Land Nordrhein-Westfalen.
Gegen den o.a. Bebauungsplan
werden keine Bedenken erhoben, wenn folgendes beachtet wird:
Im Zuge des Ausbaus des „Millener
Weges“ ist auch der Ausbau der Einmündung L 228/Millener Weg geplant. Hierzu
ist der hiesigen Niederlassung frühzeitig vor Baubeginn eine entsprechende
Ausführungsplanung der hiesigen Niederlassung zur Prüfung vorzulegen.
Die Kosten des Knotenpunktausbaus
trägt gemäß § 34 (4) StrWG NRW die Gemeinde Selfkant als Veranlasser. Evtl.
Straßenmehrflächen, die in die Baulast und Unterhaltung des Landes fallen, sind
durch die Gemeinde einmalig an den Landesbetrieb Straßenbau abzulösen.
Evtl. Kosten für
Lärmschutzmaßnahmen, die durch den Ausbau der Einmündung L 228/Millener Weg
verursacht sind, trägt die Gemeinde.
Beschlussvorschlag:
Die
Gemeindevertretung beschließt, den
Hinweis zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend in die Begründung aufzunehmen.
B.2.5 RWE
Power AG
Die Beteiligte weist mit Schreiben vom 27. Januar
2015 auf folgendes hin:
„Wir
weisen darauf hin, dass die Bodenkarte des Landes Nordrhein-Westfalen, Blatt
L5000 im Plangebiet Böden ausweist, die humoses Bodenmaterial enthalten.
Humöse
Böden sind empfindlich gegen Bodendruck und im Allgemeinen kaum tragfähig.
Erfahrungsgemäß wechseln die Bodenschichten auf kurzer Distanz in ihrer
Verbreitung und Mächtigkeit, so dass selbst bei einer gleichmäßigen Belastung
diese Böden mit unterschiedlichen Setzungen reagieren können. Das Plangebiet
ist daher wegen der Baugrundverhältnisse gemäß § 9 Abs. 5 Nr. 1 BauGB als
Fläche zu kennzeichnen, bei deren Bebauung ggf. besondere bauliche Maßnahmen,
insbesondere im Gründungsbereich, erforderlich sind.
Hier
sind die Bauvorschriften der DIN 1054 „Baugrund- Sicherheitsnachweise im Erd-
und Grundbau“ und der DIN 18 196 „Erd- und Grundbau; Bodenklassifikation für
bautechnische Zwecke“ sowie die Bestimmungen der Bauordnung des Landes
Nordrhein-Westfalen zu beachten.“
Beschlussvorschlag:
Die Gemeindevertretung beschließt, den Hinweis zur Kenntnis zu
nehmen und entsprechend in die Begründung aufzunehmen.
B.2.6 Bezirksregierung
Arnsberg
Die Beteiligte weist mit Schreiben vom 30. Januar
2015 auf folgendes hin:
„…
Des
Weiteren ist der Bereich des Planungsgebietes nach den hier vorliegenden
Unterlagen (Grundwasserdifferenzenpläne mit Stand: Oktober 2012 aus dem
Revierbericht, Bericht 1, Auswirkungen der Grundwasserabsenkung, des
Sammelbescheides – Az.: 61.42.63 -2000-1 -) von durch Sümpfungsmaßnahmen des
Braunkohlenbergbaus bedingten Grundwasserabsenkungen betroffen.
Daher
sollte bei den Planungen folgendes bereits Berücksichtigung finden: Die
Grundwasserabsenkungen werden, bedingt durch den fortschreitenden Betrieb der
Braunkohlentagebaue, noch über einen längeren Zeitraum wirksam bleiben. Eine
Zunahme der Beeinflussung der Grundwasserstände im Planungsgebiet in den
nächsten Jahren ist nach heutigem Kenntnisstand nicht auszuschließen. Ferner
ist nach Beendigung der bergbaulichen Sümpfungsmaßnahmen ein
Grundwasserwiederanstieg zu erwarten.
Sowohl
im Zuge der Grundwasserabsenkung als auch bei einem späteren Grundwasseranstieg
sind hierdurch bedingte Bodenbewegungen möglich. Die Änderungen der
Grundwasserflurabstände sowie die Möglichkeit von Bodenbewegungen sollten bei
Planungen und Vorhaben Berücksichtigung finden. Ich empfehle Ihnen in diesem
Zusammenhang an die RWE Power Aktiengesellschaft, Stüttgensweg 2 in 50935 Köln
eine Anfrage zu stellen, und für konkrete Grundwasserdaten den Erftverband um
Stellungnahme zu bitten.
Abschließend
sei hier erwähnt, dass eine Erlaubnis das befristete Recht zur Aufsuchung des
bezeichneten Bodenschatzes innerhalb der festgelegten Feldesgrenzen gewährt.
Unter dem „Aufsuchen“ versteht man Tätigkeiten zur Feststellung (Untersuchung)
des Vorhandenseins und der Ausdehnung eines Bodenschatzes. Eine Erlaubnis zu
gewerblichen Zwecken dient lediglich dem Konkurrenzschutz und klärt in Form
einer Lizenz nur grundsätzlich, welcher Unternehmer in diesem Gebiet Anträge
auf Durchführung konkreter Aufsuchungsmaßnahmen stellen darf. Eine erteilte
Erlaubnis gestattet noch keinerlei konkrete Maßnahmen, wie z.B.
Untersuchungsbohrungen, so dass Umweltauswirkungen in diesem Stadium allein
aufgrund einer Erlaubnis nicht hervorgerufen werden können. Konkrete
Aufsuchungsmaßnahmen wären erst nach weiteren Genehmigungsverfahren, den
Betriebsplan-zulassungsverfahren, erlaubt, die ganz konkret das „Ob“ und „Wie“
regeln. Vor einer Genehmigungsentscheidung erfolgt gemäß den gesetzlichen
Vorschriften eine Beteiligung von ggf. betroffenen Privaten, Kommunen und
Behörden. Des Weiteren werden ausführlich und gründlich alle öffentlichen
Belange – insbesondere auch die des Gewässerschutzes – geprüft, gegebenenfalls
in einem separaten wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren.“
Beschlussvorschlag:
Die Gemeindevertretung beschließt, den Hinweis zur Kenntnis zu
nehmen.
B.2.7 Kreis Heinsberg – Untere
Immissionsschutzbehörde
Die Beteiligte weist mit Schreiben vom 21. Januar
2015 auf folgendes hin:
„Aus immissionsschutzrechtlicher Sicht bestehen gegen die o.g. Planung
keine Bedenken, sofern die maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach 6.1 und 6.2
der TA-Lärm für die jeweiligen Gebiete eingehalten werden. Dies ist in den
Baugenehmigungsverfahren, unter Umständen durch die Vorlage einer
schalltechnischen Prognoserechnung eines staatlich anerkannten
Schallgutachters, nachzuweisen.“
Beschlussvorschlag:
Die Gemeindevertretung beschließt, den Hinweis zur Kenntnis zu
nehmen und im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu beachten.
B.2.8 Gemeente Sittard-Geleen
Die
Beteiligte weist mit dem als Anlage
beigefügten Schreiben vom 17. März 2015 nebst Gutachten der BRO vom 11. März
2015, das ebenfalls als Anlage beigefügt
ist, auf Bedenken hin.
Beschlussvorschlag:
Nach
§ 4 a Abs. 5 Satz 1 BauGB sind bei Bauleitplänen, die erhebliche Auswirkungen
auf Nachbarstaaten haben können, die Gemeinden und Behörden des Nachbarstaats
nach den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu unterrichten.
Erhebliche Auswirkungen i.S.d. § 4 a Abs. 5 Satz 1 BauGB liegen vor, wenn die
Planung unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf die städtebauliche
Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde hat.
Nach
§ 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden
aufeinander abzustimmen. Dieses interkommunale Abstimmungsgebot stellt eine
besondere Ausprägung des Abwägungsgebots (§ 1 Abs. 7 BauGB) dar. Befinden sich
benachbarte Gemeinden objektiv in einer Konkurrenzsituation, so darf keine von
ihrer Planungshoheit rücksichtslos zum Nachteil der anderen Gemeinde Gebrauch
machen. § 2 Abs. 2 BauGB verleiht dabei dem Interesse der Nachbargemeinde, vor
Nachteilen bewahrt zu werden, besonderes Gewicht. Die Vorschrift verlangt einen
Interessenausgleich zwischen den benachbarten Gemeinden und fordert dazu eine
Koordination der gemeindlichen Belange. Selbst wenn eine Gemeinde keine
planerischen Absichten für ihr Gebiet verfolgt oder bereits umgesetzt hat, kann
sie sich gegen unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf ihrem Gebiet zur
Wehr setzen. Die Bedeutung des § 2 Abs. 2 BauGB im Rahmen des allgemeinen Abwägungsgebots
liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom
01.08.2002 (4 C 5/01) darin, dass eine Gemeinde, die ihre eigenen Vorstellungen
selbst zu dem Preis von gewichtigen Auswirkungen für die Nachbargemeinde
durchsetzen möchte, einem erhöhten Rechtfertigungszwang in Gestalt der Pflicht
zur (formellen und materiellen) Abstimmung im Rahmen einer förmlichen Planung
unterliegt. Daraus folgt, dass sich eine Gemeinde gegen unmittelbare
Auswirkungen hinreichend gewichtiger Art durch Bauleitpläne auf dem
benachbarten Gemeindegebiet zur Wehr setzen kann. Maßgebend sind insoweit die
Reichweite der Auswirkungen und ihr Einfluss auf die städtebauliche Ordnung und
Entwicklung der Nachbargemeinde. Ob unmittelbare Auswirkungen gegeben sind,
lässt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur
im Einzelfall entscheiden. Die möglichen Auswirkungen müssen sich dabei stets
auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinden beziehen
(vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.01.1995, - 4 NB 42.94 = BRS 57 Nr. 5; Urteil vom
01.08.2002, - 4 C 5.01 = BVerwGE 117, 25, 32).
Das
OVG NRW hat zuletzt im Urteil vom 02.10.2013 (7 D 19/13.NE) entschieden, dass
im jeweiligen Einzelfall anhand verschiedener Faktoren zu beurteilen ist, ob
sich die Zulassung eines Vorhabens unmittelbar und gewichtig auf die
Nachbargemeinde auswirkt. Städtebauliche Konsequenzen einer Planung würden sich
etwa dass zeigen, wenn eine Schädigung des Einzelhandels in der Nachbargemeinde
die verbrauchernahe Versorgung der dortigen Bevölkerung in Frage stellt oder
die Zentrenstruktur der Nachbargemeinde nachteilig verändert. Ein bestimmter
„Schwellenwert“ für einen städtebaulich beachtlichen Kaufkraftabfluss sei zwar
gesetzlich nicht vorgegeben. In der Tendenz könne aber - faustformelartig -
davon ausgegangen werden, dass erst Umsatzverluste ab einer Größenordnung von
mehr als 10 % als gewichtig anzusehen seien. Allerdings müsse das
10 %-Kriterium im Zusammenhang mit den sonstigen Einzelfallumständen gewertet
werden. Bei der Handhabung des 10 %-Kriteriums müsse beachtet werden, dass
von unmittelbaren städtebaulichen Auswirkungen gewichtiger Art eines
Einzelhandelsvorhabens erst nach einer wertenden Gesamtbetrachtung des
Einzelfalls z.B. dann gesprochen werden könne, wenn in
der Nachbargemeinde die verbrauchernahe Versorgung der dortigen Bevölkerung in
Frage gestellt oder die Zentrenstruktur der Nachbargemeinde nachteilig
verändert wird. Dies ist z.B. der Fall, wenn in der benachbarten
Gemeinde ansässige Einzelhandelsunternehmen in Folge der ihnen auf dem Gebiet
der Vorhabengemeinde erwachsenen Konkurrenz zur Aufgabe gezwungen werden und
darüber entweder die branchenmäßige Versorgung der eigenen Gemeindeangehörigen
in Gefahr geriete oder städtebauliche Probleme wie Verödung von (Neben-)
Zentren, Entstehung eines Trading-Down-Effekts o.ä. sich abzeichneten.
Ungeachtet
der Frage, ob sich die Gemeinde Sittard-Geleen als Gemeinde in einem
Nachbarland vollumfänglich auf § 2 Abs. 2 BauGB berufen kann oder das Abstimmungsgebot
nach § 4 a Abs. 5 BauGB ihr nur einen geringeren Schutz verleiht, ist eine
Verletzung von Nachbarrechten der Gemeinde Sittard-Geleen jedenfalls dann
ausgeschlossen, wenn die Anforderungen des § 2 Abs. 2 BauGB eingehalten sind.
Die Gemeinde Sittard-Geleen als niederländische Gemeinde kann sich insoweit
nicht auf weitergehende Rechte als eine deutsche Gemeinde berufen.
Die Auswirkungen der geplanten
Bauleitplanung auf die Nachbargemeinden wurden durch die Gutachter der CIMA mit
Gutachten vom 04.03.2014 untersucht. Die Gutachter prognostizieren
Umsatzumverteilungen zu Lasten der Innenstadt von Sittard in den Sortimenten
Nahrungs- und Genussmittel von ca. 0,4 %, Bekleidung/Wäsche von 1,5 %,
Schuhe/Lederwaren von 2,6 % und Hausrat/Glas/Porzellan von ca. 4,9 % des
aktuellen Umsatzes. In allen Fällen liegen damit die ermittelten Umsatzverluste
deutlich unterhalb dem 10 %-Schwellenwert.
Es ist entgegen der Ausführungen in
dem Einwendungsschreiben nicht ersichtlich, dass bei den prognostizierten
Umsatzumverteilungen unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf den
Einzelhandel zu befürchten sind und in der Gemeinde Sittard-Geleen die
verbrauchernahe Versorgung der dortigen Bevölkerung in Frage gestellt oder die
Zentrenstruktur der Nachbargemeinde nachteilig verändert wird. Die
detaillierten Ausführungen hierzu sind dem Gutachten der CIMA vom März 2014 und
April 2015 zu entnehmen.
Die durch die Gemeinde Sittard-Geleen
im Einwendungsschreiben vom 20.03.2015 geltend gemachten Bedenken verbleiben
dagegen pauschal und können nicht nachvollzogen werden. Ein Umschlagen der
absatzwirtschaftlichen Auswirkungen der durch die Planung ermöglichten
Einzelhandelsbetriebe in städtebauliche oder raumordnerische Wirkungen im Sinne
einer Funktionsstörung der zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde
Sittard-Geleen werden bei den im Bebauungsplan zugelassenen Verkaufsflächen
gutachterlich ausgeschlossen. Den Bedenken kann daher nicht gefolgt werden.
Soweit in dem Einwendungsschreiben auf
Grundlage der Stellungnahme der BRO fachliche Kritik an dem Gutachten der CIMA
vom März 2014 geübt wird, kann dem auch nicht gefolgt werden. Das Gutachten der
CIMA kann Basis für die bauleitplanerische Abwägung sein. Die Gemeinde Selfkant
hat keine Anhaltspunkte dafür, die von den Gutachtern gewählte Methodik
anzuzweifeln. Die Gemeinde Selfkant hat trotzdem die Stellungnahme der Gemeinde
Sittard-Geleen zum Anlass genommen, eine erneute Stellungnahme der CIMA
einzuholen. Die CIMA hat deshalb im April 2015 zu dem Gutachten der BRO Stellung
genommen. Die CIMA hat sich in dem Gutachten im Einzelnen mit der Kritik der
Gutachter der BRO auseinandergesetzt. In der Stellungnahme der CIMA wird
insbesondere zu den wesentlichen Kritikpunkten, dass eine gründliche
Auswirkungsanalyse fehle, die benutzten Kenndaten veraltet seien, und den
BRO-Bedenken zu den Auswirkungen auf das Zentrum von Sittard Stellung genommen.
Die CIMA hat dabei die Stellungnahme zum Anlass genommen, die dem Gutachten vom
März 2014 zugrundeliegenden Kenndaten zu aktualisieren. Es hat eine erneute
Bestandsaufnahme der Nahversorgung im Sittarder Stadtteil Nord-Ost im April
2015 stattgefunden. Die Daten wurden aktualisiert.
Die
CIMA kommt aufgrund der prognostizierten Umsatzumverteilungen und der
aktualisierten Daten zu dem Ergebnis, dass die von der BRO angeführten
Befürchtungen hinsichtlich der negativen Auswirkungen auf die Innenstadt von
Sittard unberechtigt seien. Der innerstädtische Einzelhandel von Sittard stehe
weniger vor der Herausforderung der Flächenerweiterungen, die durch den
Bebauungsplan in Tüddern zugelassen wird, als vielmehr vor einem verschärften
innerörtlichen Wettbewerb. Es ist insoweit jedoch nicht Aufgabe der
Bauleitplanung, Wettbewerb zwischen den Einzelhandelsbetrieben zu steuern.
Negative städtebauliche Folgen werden durch die geplante Bauleitplanung
jedenfalls ausgeschlossen.
Die
CIMA setzt sich auf den Seiten 12 ff. auch mit den Bedenken der BRO
hinsichtlich des Umfangs der geplanten Einzelhandelsnutzungen auseinander. Die
CIMA stellt insoweit fest, dass dem Ortsteil Tüddern im kommunalen
Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Gemeinde Selfkant die Funktion eines
Hauptzentrums für die Gemeinde zugewiesen bekommen hat.
Ausgehend
von den Feststellungen der CIMA in den Gutachten vom März 2014 und April 2015,
in denen sich die CIMA mit den Einwendungen der Gemeinde Sittard-Geleen im
Einzelnen auseinandersetzt, kann eine Beeinträchtigung der Nachbargemeinden
einschließlich der Gemeinde Sittard-Geleen ausgeschlossen werden. Den Bedenken
kann deshalb nicht gefolgt werden und werden weggewägt.
C. Verfahrensbeschluss
über die Aufstellung des Bebauungsplanes Selfkant Nr. 42 – Tüddern,
Fachmarktzentrum III –
Der
Planentwurf zur Aufstellung des Bebauungsplanes Selfkant Nr. 42 – Tüddern,
Fachmarktzentrum III - einschließlich Begründung, Umweltbericht und
Landschaftspflegerischer Begleitplanung ist als Anlage beigefügt.
Beschlussvorschlag:
Die Gemeindevertretung
beschließt die Aufstellung des Bebauungsplanes Selfkant Nr. 42 – Tüddern,
Fachmarktzentrum III – als Satzung.