Beschlussvorschlag:

Der Bürgermeister wird ermächtigt, die als Anlage beigefügte öffentlich-rechtliche Vereinbarung mit dem Tourismuszweckverband „Der Selfkant“ zu schließen.

 

 


Sachverhalt:

Juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR), wie beispielsweise Städte, Kommunen oder auch Zweckverbände, sind im Rahmen ihrer hoheitlichen Tätigkeiten grundsätzlich von diversen Steuern befreit. Neben den hoheitlichen Aufgaben erbringen jPdöR jedoch auch regelmäßig wirtschaftliche Leistungen und treten damit gegenüber nicht begünstigten gewerblichen Unternehmen in eine Konkurrenzsituation.

 

Die Umsatzbesteuerung solcher Leistungen war bislang in § 2 Abs. 3 UStG geregelt. Danach unterlagen jPdöR mit ihren Leistungen nur dann der Umsatzsteuer, wenn diese im Rahmen eines Betrieb gewerblicher Art (BgA) im Sinne der § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 KStG erbracht wurden.

Für die umsatzsteuerliche Beurteilung war somit stets darauf abzustellen, ob die körperschaftsteuerlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines BgA gegeben waren. Nach Auffassung der Finanzverwaltung begründeten jPdöR immer dann einen BgA im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, wenn sie mit einer gewerblichen Tätigkeit die Umsatzgrenze von 30.678 € pro Kalenderjahr überschritten. Sogenannte Hoheitsaufgaben konnten hingegen keinen BgA begründen.

 

Neben wirtschaftlichen Leistungen an externe Dritte gehen jPdöR häufig auch Kooperationen mit anderen jPdöR ein, im Rahmen deren sie hoheitliche Aufgaben der jeweils anderen jPdöR übernehmen. Bei diesen sogenannten Beistandsleistungen kann es sich beispielsweise um Personalgestellung oder die Übernahme von Verwaltungstätigkeiten handeln. Nach Auffassung der Finanzverwaltung waren Beistandsleistungen bei der erbringenden jPdöR stets als hoheitliche Tätigkeit einzustufen, so dass diese damit keinen BgA begründet hat. In der Folge konnte die erbringende jPdöR der jeweils anderen die Beistandsleistungen ohne Umsatzsteuer in Rechnung stellen.

 

Mit Wirkung ab 01.01.2017 ist die Umsatzbesteuerung juristischer Personen des öffentlichen Rechts neu konzipiert und an europäisches Recht angepasst worden. Der bislang maßgebliche § 2 Abs. 3 UStG wurde ersatzlos gestrichen, an seine Stelle tritt der neue § 2b UStG.

§ 2b UStG regelt die generelle Steuerpflicht der juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) und sagt sich vom Begriff des Betriebes gewerblicher Art für Zwecke der Umsatzbesteuerung los. Gleichzeitig wird § 2 Abs. 3 UStG aufgehoben. Damit folgt seitens des Gesetzgebers die Anpassung an die aktuelle BFH-Rechtsprechung und die Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL).

 

Nach § 27 Abs. 22 Satz 3 UStG kann jedoch die juristische Person des öffentlichen Rechts gegenüber dem Finanzamt einmalig erklären, dass sie § 2 Abs. 3 UStG in der am 31.12.2015 geltenden Fassung für sämtliche nach dem 31.12.2016 und vor dem 01.01.2021 ausgeführte Leistungen weiterhin anwendet.

 

Diese Optionserklärung ist spätestens bis zum 31.12.2016 abzugeben. Es handelt sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist. Die Optionserklärung kann nur mit Wirkung vom Beginn eines auf die Abgabe folgenden Kalenderjahres an widerrufen werden. Nach einem Widerruf ist die Abgabe einer erneuten Optionserklärung ausgeschlossen. Die Optionserklärung ist für sämtliche ausgeübte Tätigkeiten einheitlich abzugeben. Eine Beschränkung auf einzelne Tätigkeitsbereiche oder Leistungen ist nicht zulässig.

 

Bezüglich der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand und der damit verbundenen Neuerungen im Rahmen der Tätigkeitszuordnungen stehen derzeit noch detaillierte Auslegungen sowie Erläuterungen (vor allen Dingen auch wegen der in § 2b UStG enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe) seitens der Finanzverwaltung aus. Mehr Klarheit soll ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums bringen, welches aller Voraussicht nach zur ersten Jahreshälfte 2017 erscheinen soll.

 

Die Gemeinde Selfkant beruft sich bereits seit dem Jahr 2013 auf das europäische Recht, so dass die Neuregelung aus Sicht der Gemeinde Selfkant faktisch zur Anwendung kommt und eine Optionsmöglichkeit nicht besteht. Dies bedingt, dass die Gemeinde Selfkant alle privatrechtlichen Leistungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen hat. Darunter auch der mit dem Zweckverband abzurechnende persönliche Verwaltungsaufwand in Form einer Beistandsleistung.

 

Mit ihren Beistandsleistungen werden JPdöR zukünftig immer dann eine Unternehmereigenschaft begründen und somit steuerbare- und pflichtige Umsätze ausführen, wenn diese nicht auf öffentlich-rechtlicher Grundlage und gegen Kostenerstattungen erbracht bzw. die Verträge nicht langfristig geschlossen werden.

 

Sofern keine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen dem Zweckverband und der Gemeinde Selfkant geschlossen wird, führt dies dazu, dass der Zweckverband, da dieser nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, den um 19% erhöhten Anteil des von der Gemeinde Selfkant in Rechnung gestellten persönlichen Verwaltungsaufwandes zu tragen hätte.

 

Aufgrund dessen wird vorgeschlagen, eine entsprechende öffentlich-rechtliche Vereinbarung im Sinne des § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG zu schließen. Durch die Schließung einer solchen Vereinbarung liegt keine Wettbewerbsverzerrung vor, so dass eine Unternehmereigenschaft hier zu verneinen wäre.

 

Mangels Wortmeldungen ließ der Bürgermeister über den Beschlussvorschlag abstimmen.

 


Abstimmungsergebnis:

 

einstimmig