Die Fraktion
Pro Selfkant beantragt mit Schreiben vom 15. Dezember 2009 „ab dem
Haushaltsjahr 2010 die in der Gebührenkalkulation enthaltenen Kosten für
Abschreibungen im Hauhalt in eine zweckgebundene Rücklage einzubringen, die
grundsätzlich der Instandhaltung und Erneuerung des Kanalnetzes vorbehalten
ist. Sollte die in 2009 durchgeführte Befahrung ergeben, dass voraussichtlich
in absehbarer Zeit keine größeren zweckgebundenen Entnahmen aus der Rücklage
erforderlich sind, so kann der Gemeinderat über diese Mittel anteilig (z.B. 50
% der jährlichen Zuflüsse) für artfremde, dringend erforderliche Investitionen
verfügen. Bei entsprechender Kassenlage hat die vorrangige Rückführung dieser
Mittel in die Rücklage zu erfolgen.“
Der Antrag
wird u. a. damit begründet, dass „die Gebührenzahler bis einschließlich 2009
rund 10,5 Millionen Euro für die Instandsetzung und Erneuerung des
Abwassernetzes an die Gemeindekasse gezahlt hat. Dieser enorme Betrag ist aber
nicht in eine zweckgebundene Rücklage geflossen, sondern weit überwiegend für
artfremde Investitionen ausgegeben worden.“
Mit der v. g. Begründung könnte der Anschein erweckt werden, dass die alljährlichen Abschreibungsbeträge möglicherweise rechtswidrig „nicht in eine zweckgebundene Rücklage geflossen, sondern weit überwiegend für artfremde Investitionen ausgegeben wurden“.
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat mit Urteil vom 05. August 1994 – 9A 1248/92 zur Thematik des sog. Rückflusskapitals (kalkulatorische Abschreibung und Verzinsung) entschieden, dass dieses unabhängig davon, dass es letztendlich der Wiederbeschaffung der Anlagen dienen soll, rechtlich der Gemeinde zusteht. Die Gemeinde muss lediglich am Ende der Nutzungsdauer der Anlage die erforderlichen Haushaltsmittel für Wiederbeschaffungen bereitstellen. Bis dahin stehe ihr jedoch frei, das durch Abschreibung entstandene Kapital sowie etwaige Zinserträge für allgemeine Haushaltszwecke zu nutzen.
Diese vom Oberverwaltungsgericht Münster vertretene Verfahrensweise entspricht der in der Gemeinde Selfkant gängigen Praxis.
Die im § 36
GemHVO abschließend festgesetzten Voraussetzungen für die Bildung von
Rückstellungen liegen bei der beantragten Rücklagenbildung offensichtlich nicht
vor, da zum einen die Instandhaltung nicht hinreichend konkret beabsichtigt ist
und die vorgesehenen Maßnahmen nicht einzeln bestimmt und wertmäßig beziffert
sind. Allein aus diesem Grunde ist der Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich der von Pro Selfkant beantragten Bildung einer zweckgebundenen Rücklage für Instandhaltungen und Erneuerungen des gemeindlichen Kanalnetzes wurde die Thematik mit dem seitens der Gemeinde im Rahmen der Umstellung auf das NKF beauftragten Wirtschaftsprüfer/ Steuerberater erörtert:
Danach ist auch § 43 Abs. 4 GemHVO NRW keine Option für eine entsprechende Rücklagenbildung.
Unter Hinzuziehung der zugehörigen Kommentierung (Seite 697/ Punkt 4.2 ff.) können in einem engen Umfang Sonderrücklagen gebildet werden, für die vom Rat beschlossene zukünftige Anschaffungen/ Herstellungen von Vermögensgegenständen. Laut Kommentierung kann dies einen Planungszeitraum von bis zu 5 Jahren nach dem Haushaltsjahr umfassen. Zu bedenken ist jedoch, dass diese Bildung direkt als Aufwand zu verbuchen ist; damit wird der Aufwand für den neuen Vermögensgegenstand vorweggenommen und das Ergebnis der Wirtschaftsjahre vor der Investition bereits verschlechtert.
Daneben ist zu berücksichtigen, dass die Bildung von sogenannten „Sonderrücklagen“ nur bei einem ausgewiesenen Überschuss in der Ergebnisrechnung zulässig ist.
Der vorliegende Antrag ist auch deshalb abzulehnen, weil der vorgegebene Planungszeitraum durch die Abschreibungsdauer bei weitem überschritten wird und das Ergebnis des bereits jetzt strukturell nicht ausgeglichenen Haushaltes weiterhin verschlechtert würde.
Herr Dr. Kambabartel zog seinen Antrag zurück.