Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Beschluss:

Der Tagesordnungspunkt wird in die nächste Sitzungsrunde vertagt.

 


Sachverhalt:

Die Fraktion B90/die Grünen beantragt die Einführung einer Feuerwehrrente für die aktiven Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Selfkant (siehe Anlage).

Die Feuerwehrrente soll neben weiteren anderen möglichen Maßnahmen einen Anreiz schaffen, um freiwillige Feuerwehrleute im Ehrenamt zu halten oder zusätzliche für diese Tätigkeit zu gewinnen. Immer mehr freiwilligen Feuerwehren leiden unter Mitgliederschwund bzw. Nachwuchsmangel. Dabei sind die  Feuerwehren ein „Muss“ in jeder Gemeinde, da sie in allen Notsituation schnell und effektiv helfen.

Grundlage des Brand- und Katastrophenschutz in Deutschland ist das Ehrenamt. Ohne den freiwilligen und kostenfreien Einsatz der Feuerwehrleute wäre dieser wichtige Schutz in Deutschland nicht gewährleistet.

Um Feuerwehrkameraden zu halten oder neue zu gewinnen, haben viele Kommunen in Deutschland auf Basis der privaten Absicherung eine Feuerwehrrente eingeführt.

Die Freiwillige Feuerwehr der Gemeinde Selfkant hat derzeit 153 aktive Mitglieder, 25 Mitglieder in der Jugendfeuerwehr und 52 Mitglieder in der Ehrenabteilung.

 

Wie funktioniert die Feuerwehrrente?

Die Feuerwehrrente wird durch die Kommunen als privater Beitrag für freiwillige Feuerwehrleute monatlich an ein Versicherungsunternehmen gezahlt. Hierzu werden aus dem Gemeindehaushalt Finanzmittel zur Verfügung gestellt. Entweder die betreffende Gemeinde zahlt die Prämien allein oder der Feuerwehrmann oder Feuerwehrfrau beteiligt sich am Beitrag.

Die Feuerwehrrente ist somit eine freiwillige private Zusatzrente, ähnlich einer privaten Rentenversicherung oder Rürup-Rente.

Hierzu 2 Beispiele von Kommunen, die eine solche Rente eingeführt haben.

 

1. Beispiel (Stadt in der Städteregion Aachen):

Für die Einführung der Feuerwehrrente in dieser Stadt sollten für jeden aktiven Feuerwehrkameraden/in im Jahr 350€ in eine Rentenversicherung eingezahlt werden. Dies würde dieser Stadt ca. 45.000€ pro Jahr kosten. Nach Stand 2016 würde ein Feuerwehrkamerad/in nach 35 Jahren freiwilligen Dienst für diese Stadt mit ca.200€ monatlicher Feuerwehrrente rechnen können.

 

2. Beispiel (ebenfalls Stadt in der Städteregion Aachen):

Um möglichst gleiche Voraussetzungen für alle aktiven Feuerwehrleute zu schaffen, soll der Beitrag für jedes einzelne Mitglied, der ausschließlich durch die Stadt finanziert wird, aus drei Komponenten bestehen, wobei jedes Mitglied darüber hinaus selbst entscheiden kann, ob es weitere freiwillige Beiträge einzahlt:

 

1.        Monatlicher Pauschalbetrag

Die Einsatzzahlen der einzelnen Löschzüge sind unterschiedlich und von diesen nicht zu beeinflussen. Daher ist es in einem ersten Schritt sinnvoll, für alle Feuerwehrleute einen monatlichen Pauschalbetrag als Beitrag abzuführen. Dieser Pauschalbetrag beträgt monatlich 12,00 € je aktivem Mitglied.

 

2.        Einsatzstunden

Der Aufwand eines jeden Mitglieds der Feuerwehr wird maßgeblich beeinflusst von den Einsatzzeiten und -zahlen. Daher wird für jedes aktive Feuerwehrmitglied ein Beitrag von 6,50 € pro Einsatzstunde abgeführt.

3.        Feuerwehrübungen

Da auch die Übungen der Löschzüge und der Gesamtwehr maßgebliche Grundlage für die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr sind, erhält jedes aktive Feuerwehrmitglied, welches an mindestens 60 % der vorgesehenen Pflichtübungen des jeweiligen Löschzuges oder der Gesamtwehr im Jahr teilnimmt, einen zusätzlichen Jahresbeitrag in Höhe von 100,00 € in die Rentenversicherung.

 

Bei der „Feuerwehrrente“, die exklusiv für aktive Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr angeboten wird, handelt es sich um eine private Zusatzrente mit Anspruch auf zusätzliche Altersvorsorge für alle angemeldeten Berechtigten.

 

Darüber hinaus besteht gegebenenfalls auch ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung für den überlebenden Ehegatten oder den eingetragenen Lebenspartner. Der Leistungsfall tritt am ersten Tag des Folgemonats nach Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. zu einem von dem Betroffenen selbst auszuwählenden Zeitpunkt vor Vollendung des 70. Lebensjahres ein.

 

Sollte jemand vor dem Erreichen des 60. Lebensjahres krankheitsbedingt oder aus anderen zwingend notwendigen Gründen ausscheiden, so bleibt das Anwartschaftsverhältnis beitragsfrei bestehen. Bei einem freiwilligen Ausscheiden aus dem aktiven Dienst vor Vollendung des 60. Lebensjahres wird der bisher eingezahlte Betrag auf alle übrigen aktiven Feuerwehrleute gleichermaßen als Beitrag in die Versicherung verteilt.

 

Die ehrenamtliche Feuerwehrversorgung ist keine betriebliche Alters- oder Hinterbliebenenversorgung und daher nicht von einem Rentenbeginn in der gesetzlichen Rentenversicherung abhängig. Beiträge werden durch die Stadt bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres gezahlt.

 

Zu erwähnen sind noch die folgenden Eckpunkte:

 

-    Bis zum vereinbarten Rentenbeginn wird ein Kapital angespart.

-    Bei Tod der versicherten Person vor Rentenbeginn wird das bis dahin angesparte Kapital an die noch genauer festzulegenden Angehörigen ausgezahlt.

-    Bei Rentenbeginn wird lebenslang eine Rente ausgezahlt. Alternativ kann das bis dahin angesparte Kapital in einer Summe ausgezahlt werden. Diese Entscheidung trifft jedes aktive Feuerwehrmitglied kurz vor der Fälligkeit der Rentenversicherung selbst.

-    Innerhalb der Rentengarantiezeit von 10 Jahren wird die Rente unabhängig vom Überleben der versicherten Person ausgezahlt.

-    Die Rente kann ab Beginn der Abrufphase (Vollendung des 65. Lebensjahres) monatlich abgerufen werden.

-    Die Höhe der Beiträge auf Grund der Einsatzstunden wird jährlich neu festgelegt.

 

Auf Nachfrage wurde mitgeteilt, dass bei einer Mitgliederzahl von ca.  170 Feuerwehrkameraden im Jahre 2017 ca. 80.000 € in die Rente eingezahlt wurden.

 

Bundesweites Anliegen

Auch außerhalb von NRW wird das Thema diskutiert. In Sachsen hat die Partei der Linken einen Gesetzesentwurf für das sächsische Gesetz für Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz eingebracht, der über einem neuen Paragrafen eine obligatorische Altersabsicherung für die sächsischen Feuerwehrleute einführen soll.

In Sachsen-Anhalt wird in Zusammenarbeit mit der ÖSA-Versicherung eine Feuerwehrrente über die Städte und Gemeinden angeboten, die diese eingeführt haben.

In Baden-Württemberg wird über eine bundesweite Altersabsicherung der Feuerwehrleute nachgedacht. Mehrere Oberbürgermeister drängen auf eine bundesweite einheitliche Regelung. Dabei geht es auch um die finanzielle Entlastung der Städte, die neben der Organisation und Bereitstellung der Feuerwehren auch noch die freiwilligen Prämien für die Feuerwehrleute zahlen müssen. Deshalb soll der Bundesrat damit befasst werden. Ziel ist es, dass zusätzliche Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Feuerwehrleute, eingetragen werden. Auch ein Zeichen der Wertschätzung für ihre Arbeit.

 

Das Thema wird kontrovers diskutiert

Einige Kommunen haben von dieser Idee Abstand genommen. Man sieht sich vor viele organisatorische Fragen gestellt. Das Geld ist nicht das ausschlaggebende Argument gewesen. Vielmehr drängen sich Fragen auf, was mit dem ersparten Anspruch geschehe, wenn etwa ein Feuerwehrmitglied aus den Dienst scheide oder wegziehe. Dies bedeute einen hohen Verwaltungsaufwand. 

Als großes Problem anzusehen ist die Schwierigkeit bei der Aufstellung sachgerechter Maßstäbe für die Berechnung von privaten Rentenleistungen bei Einsatzkräften der Freiwilligen Feuerwehren im Einzelfall.

Zudem lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht einschätzen, ob eine freiwillige private Rentenversicherung das Ehrenamt stärkt oder es langfristig sogar nachhaltig schwächt, weil sie die freiwillige unentgeltliche Tätigkeit kommerzialisiert und entsprechende Erwartungshaltungen weckt. Es ist auch problematisch, durch eine Förderung einer solchen Rente Mitglieder Freiwilliger Feuerwehren gegenüber anderen ehrenamtlich engagierten Helfern, zu privilegieren.

Auf Nachfrage teilte der VdF NRW (Verband deutscher Feuerwehren) eine vorläufige kritische Einschätzung in dieser Angelegenheit mit:

- Bei den in der Regel auf Beitragsseite zur Verfügung stehenden Mitteln sind die späteren Rentenzahlungen sehr gering.

- Soweit Kommunen eine solche Versicherung abgeschlossen haben, wurden in der Regel Punktesysteme eingeführt. Je Übungs- oder Einsatzeinheit gibt es in der Regel einen Punkt. Abgesehen von dem hohen Verwaltungsaufwand zur Ermittlung des "Beitragsanteils" spricht auch dagegen, dass darüber gestritten wurde, ob man einen solchen Punkt auch erhält, wenn man zu spät zur Übung kommt.

- Einkommenssteuerrechtliches Problem?: Da die Zeit der Auszahlung nach der Einkommenssteuerperiode liegt, soll – was noch genau zu prüfen wäre - die günstige Regelung zu Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit nicht zum Tragen kommen.

- Es gab schon zumindest einen zivilrechtlichen Rechtsstreit, bei dem ein Feuerwehrangehöriger, der vorzeitig aus dem Einsatzdienst ausgeschieden war, vor Gericht erfolgreich vom Feuerschutzträger die Übertragung der Anwartschaft eingeklagt hat.

 

 

Mögliche Alternativen zur Feuerwehrrente

 

a) Der VdF NRW verhandelt aktuell mit der GVV, ob die derzeit möglich Zusatzunfallversicherung für ehrenamtliche Feuerwehrangehörige künftig auch für die Zeiten außerhalb des Feuewehrdienstes angeboten werden kann. Die ehrenamtlichen Feuerwehrleute hätten dann also eine (zusätzliche) Unfallversicherung rund um die Uhr, unabhängig davon, ob sich der Unfall im Feuerwehrdienst oder bei Gelegenheit anderer Tätigkeiten ereignet hat. Hier soll es allerdings keine Rentenansprüche geben, sondern nach oben gedeckelte Einmalzahlungen, die jedoch auch nicht unerheblich sind.

 

Der Jahresbetrag soll bei 70 € liegen. Zusätzlich kann - dies soll - laut Finanzverwaltung - das Ganze mit 20% pauschal versteuert werden können, sodass ein Jahresbeitrag je versicherten Mitglied bei

84 € liegt (bei derzeit 140 Mitgliedern = 11.760 €)

 

b) falls noch mehr Mittel zur Verfügung stehen würden, könnte man auch dem Beispiel der Gemeinde Lindlar folgen. Diese hat mit einer privaten Versicherungsgesellschaft für die Mitglieder  einen  private Krankenzusatzversicherung abgeschlossen (Chefarztbehandlung, 1- oder 2-Bettzimmer). Alles ohne Gesundheitsprüfung.

Für diejenigen, die ohnehin privatversichert sind, besteht die Möglichkeit zur Umwandlung in eine Krankenhaustagegeldversicherung, sodass eine Ungleichbehandlung vermieden wird. Hier reden wir aber über Monatsbeiträge von ca. 23 € je versichertem Mitglied (276 € jährlich)

 

 

Herr Stassen stellte einen Vertagungsantrag, um unter anderem die Wünsche der Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr in Erfahrung zu bringen. Hierüber ließ der Bürgermeister abstimmen.

 


Abstimmungsergebnis:

 

einstimmig