Beschluss:

1.    Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen der Gemeinde Selfkant und dem Gesamtschulzweckverband vom 15. Dezember 2016, genehmigt von der Bezirksregierung Köln am 11. Januar 2017, geändert am 12 Dezember 2018, diese Änderung genehmigt von der Bezirksregierung Köln am 16. Januar 2019 wird mit Ablauf des 31. Dezember 2022 einvernehmlich aufgehoben.

 

2.    Dem Beitritt der Gemeinde Selfkant zur öffentlichen-rechtlichen Vereinbarung zwischen der Gemeinde Gangelt und dem Gesamtschulzweckverband zum 1. Januar 2023 auf Basis des beigefügten Entwurfs wird zugestimmt.

 

3.    Sollten die Gemeinden Gangelt und Selfkant trotz der bestehenden öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zur Umsatzsteuer herangezogen werden, ersetzt der Verband diese Steuer auf Basis der Regelungen der Verbandssatzung.

 

4.    Sollte die von den Gemeinden beantragte verbindliche Auskunft nicht oder negativ beschieden werden, werden die Verbandsmitglieder gebeten, die erste Umsatzsteuervoranmeldung im Jahr 2023 mittels Einspruch und ggfls. Klage anzufechten. Der Verband erstattet die den Gemeinden entstehenden Klagekosten.

 


Sachverhalt:

Der Gesamtschulzweckverband und die Gemeinde Selfkant haben im Dezember 2016 eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung, die im Dezember 2018 geändert wurde. In dieser Vereinbarung wird geregelt, welche Leistungen die Gemeinde Selfkant für den Zweckverband erbringt. Diese Leistungen sind mit dem Standort Höngen verbunden.

 

Auch zwischen der Gemeinde Gangelt und dem Gesamtschulzweckverband besteht eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung aus Dezember 2018. Diese Vereinbarung umfasst nicht nur Leistungen des Standorts Gangelt, sondern auch allgemeine Leistungen für den Verband wie z.B. die Betreuung der EDV sowie das Finanz- und Personalwesen.

 

Die Vereinbarungen wurden in Kenntnis der neuen Umsatzsteuerrechtslage (§ 2 b UStG) abgeschlossen. Denn die Leistungen der Gemeinden sind nur dann von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie als Beistandsleistungen gem. § 2 b Absatz 3 UStG zu werten sind. Dies setzt u.a. zwingend eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung voraus.

 

Die steuerlichen Berater beider Gemeinden empfehlen, die Leistungen der Gemeinden Selfkant und Gangelt in eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zusammenzufassen. Dies macht es erforderlich, die Vereinbarung zwischen der Gemeinde Selfkant und dem Zweckverband mit Ablauf des 31. Dezember 2022 aufzuheben (Beschlussvorschlag Nr. 1). Die Gemeinde Selfkant tritt dann der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung, die zwischen der Gemeinde Gangelt und dem Zweckverband besteht, bei (Beschlussvorschlag 2). Die Vereinbarung zur Aufhebung sowie die Vereinbarung beider Gemeinden mit dem Zweckverband sind als Anlagen beigefügt.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass die Definition von Beistandsleistungen im Sinne des § 2 b UStG noch nicht durch die Rechtsprechung geklärt ist. Es ist allerdings eine sehr restriktive Auslegung zu befürchten. Daher bleibt das steuerliche Risiko, dass trotz der nun zum Beschluss vorgeschlagenen öffentlich-rechtlichen Vereinbarung der beiden Gemeinden mit dem Zweckverband die Leistungen der Gemeinden umsatzsteuerpflichtig sein können. Ohne eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung sind sie es aber auf jeden Fall. Für den Fall der Umsatzsteuerpflicht muss der Verband mit einer erheblichen (mindestens 70 T€/Jahr) Belastung rechnen, die über die Verbandsumlage von den Verbandsmitgliedern zu finanzieren wäre.

 

Da das Verbandsmitglied Gangelt mit dem Sitz der Verbandsverwaltung umfangreichere Leistungen für den Verband erbringt, besteht bei ihr ein umsatzsteuerlich höheres Risiko. Der Verband soll sich daher verpflichten, den Verbandsmitgliedern eine evtl. Umsatzsteuerlast zu ersetzen. Nur so kann das Risiko gerecht auf die Verbandsmitglieder verteilt werden.

 

Konkret stellt sich bei der Umsatzsteuerpflicht die Frage der Wettbewerbsverzerrung. Gibt es für die Leistungen der Gemeinden potentiell andere Anbieter. Die Verbandsverwaltung bzw. die Verwaltungen beider Gemeinden vertreten die Auffassung, dass für das von den Gemeinden übernommene „Gesamtpaket“ keine anderen Anbieter existieren. Die umfangreichen und komplexen Leistungen der verschiedensten eingesetzten Mitarbeiter – verbunden mit der Bereitstellung von Schulgebäuden – werden auf dem „freien Markt“ nicht angeboten.   

 

Aufgrund der fehlenden Rechtsprechung hat der Rat der Gemeinde Gangelt den Bürgermeister beauftragt, zu den Auswirkungen der neuen öffentlich-rechtlichen Vereinbarung beim Finanzamt eine verbindliche Auskunft zu beantragen. Sollte diese abgelehnt bzw. negativ beschieden werden, stellt sich die Frage, ob die Auffassung der Finanzverwaltung akzeptiert wird. Dann würde sich die angesprochene Steuerlast ergeben. Alternativ besteht die Möglichkeit, die Auffassung der Finanzverwaltung mittels eines Einspruchs- und ggfls. Klageverfahrens im Zuge der Umsatzsteuererklärungen überprüfen zu lassen. Aus Sicht der Verbandsverwaltung sollten die Gemeinden gebeten werden, diese Verfahren durchzuführen.

 

Ein Vertreter der steuerlichen Beratung nimmt an der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses zur Beantwortung offener Fragen teil.

 

Der Bürgermeister rief den Tagesordnungspunkt auf, begrüßte Herrn Dr. Barion und erteilte ihm das Wort. Dr. Barion erläuterte die steuerlichen Auswirkungen der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung. Die zugehörige Präsentation wird den Sitzungsunterlagen hinzugefügt.

 

Anschließend ließ der Bürgermeister über den Beschlussvorschlag abstimmen.

 


Abstimmungsergebnis:

 

Einstimmig bei einer Enthaltung